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... Abgesehen vom Akkordeon ist das Harmonium das einzige nicht-elektronische Tasteninstrument, das gehaltene Töne nach Belieben an- und abschwellen lassen kann. Eben diese Qualität erlaubt es, Melodielinien mit einem schier unendlichen Atem aufzuspannen wie etwa in Schuberts Ave Maria oder in den beiden großen, in ihrer avantgardistischen Kühnheit frappierenden Bearbeitungen von Liedern Franz Liszts: Im Fischerknaben ergeben sich faszinierende Vorder- und Hintergrundwirkungen einer ausdrucksvollen Melodie über gründelndem Waldweben. Die Lorelei hingegen macht, mit der abschließenden Bearbeitungen des Tristan-Vorspiels zusammengehalten, deutlich, woher Wagner die Formidee des berühmten schmachtenden Beginns hernahm: Das Harmonium wirkt hier geradezu als missing link zwischen dem Lisztschen Klavierlied und dem Wagnerschen Opernvorspiel. Wunderbar ist nicht zuletzt der fulminante Höhepunkt der Lorelei gegen Schluss mit dem röchelnden letzten Atem des Harmoniums, der im direkten Vergleich weitaus kühner wirkt als Wagners theatralische Verklärung. Dieses wiederum begeisternd gelungene Album entdeckt also nicht nur ein Instrument völlig neu, sondern macht auch lange verschüttete Bezüge sichtbar. Damit ist eine Empfehlung fällig. (Michael B. Weiß)


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