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"... Johann Sebastian Bach löste in seinen Solosuiten zeitgenössische modische Tanzformen aus ihrer Konnotion und erhob sie in den Kontext einer überragenden Komplexität und Kunstfertigkeit. Mischa Meyer musiziert die Suiten Nr. 1 und Nr. 3 so authentisch und selbstverständlich, dass man gar nicht weiter über die hohe Messlatte zahlloser Interpretationsvergleiche nachdenkt. Meyer setzt auf lebendige Artikulation, kleidet also die bewegteren Tonfolgen in den Bach-Sätzen eben nicht in lange Legatobögen, sondern lässt die Musik umso mehr in federnder, manchmal stakkatoartiger Strichart sprechen. Herrlich agil durchstürmt sein Spiel die tänzerischen Parts und vermeidet dementsprechend in den Sarabande-Sätzen jede breit auswalzende Agogik. Das hat manchmal etwas schmuckloses, lässt aber viele klug gesetzte, faszinierende Effekte und Auszierungen umso treffsicher wirken. Bernd Alois Zimmermann arbeitet in seiner bahnbrechenden Solosuite aus dem Jahr 1960 mit der Gleichzeitigkeit verschiedener alter und neuer Prinzipien. Auch diese Sonate ist ein instrumentaler Monolog, deren Sätze so vielgestaltige Ansätze transportieren, dass Zimmermann dafür sogar eigene Formbegriffe kreiert hat. Zwölftonreihen, aber auch uralte mittelalterliche Formen kommen hier zusammen. Mischa Meyer macht sämtliche konträren, hier unmittelbar aufeinender bezogenen Aspekte erfahrbar, führt sie zu einem rasch geschnittenen Hörfilms zusammen. Da weiten sich Einzeltöne zu sphärischen Klangstudien aus, prallen vertrackte Pizzicato-Figuren aufeinander, folgen Momente der Stille jähe Ausbrüche in raschen Wechseln. Oder es münden breit ausgewaltze Klangmassen in hauchzarte Pianissomo-Figuren, deren Gestus auch manchmal improvisiert anmutet. Mischa Meyer bringt auch dieses herausfordernde Material in einen zeitlosen, sprechenden Fluss. Wie ein Zurückkommen wirkt danach der abrupte Wechsel zum glasklaren C-Dur des Präludiums der dritten Bach-Suite. Sie nimmt Miascha Meyer jetzt deutlich extravaganter, als die G-Dur-Suite am Anfang. Nicht zuletzt erzeugt er verblüffende Wirkungen, indem er die vertrackten Akkorbrechungen manchmal fast zu Klangflächen verdichtet. Die wache Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Musik hat auch immer bereichernde Synergieeffekte für die großen Werke der Musikhistorie, was für Hörer und Interpreten gleichermaßen gilt. Das Finale dieser CD, Mischa Meyers Interpretation der C-Dur Suite profitiert auf jeden Fall davon." (Stefan Pieper)


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